Internationaler Chorwettbewerb Ave Verum in Baden 2022
Von Profis und Laien, Trachten und Flaggen
Gleich in der Nähe von Wien liegt Baden, laut Website „ein Ort, wo sich Kaiser und Könige wohlfühlten und die großen Komponisten ihre Inspiration fanden.“ Na bitte, dort sind wir ja genau richtig.
Wir hatten das Privileg, neben dem zweiten österreichischen Chor Cantus Novus (ebenfalls aus Wien) den kürzesten Anfahrtsweg zu haben, neben Chören aus der Ukraine, Estland, Slowenien, der Schweiz, Tschechien, Schweden.
Am ersten Tag begann alles mit einer großen Willkommensveranstaltung im Casino Baden. Erster Auftakt war der Einzug einzelner Repräsentant*innen aller Chöre in Tracht (Dirndl, danke Bex!) mit schwingenden Flaggen und Fanfaren-Musik; eine etwas gezwungene, volkstümlerische Angelegenheit. Alle Chöre waren anwesend, jeweils in Deutsch und Englisch wurde, teilweise fraglich, von einem Frau-Mann-Duo moderiert. Sehr nett waren die kurzen Willkommens-Videos, die von österreichischen Chören an ein jeweils teilnehmendes Land gerichtet wurden.
Nach der Veranstaltung wollten wir uns einen Besuch im Casino nicht entgehen lassen. Schließlich war auch Freitag, der 13. Ein Tag, in dem es im Casino auch attraktive Angebote gibt (setze den 13er Chip auf eine Zahl deiner Wahl beim Roulette, kommt sie, erhältst du eine Flasche Champagner).
Gespielt wurde am Roulette-Tisch und am einarmigen Banditen. Einige konnten sich über die Champagner-Flaschen und Geld-Gewinne (120€!) freuen, die meisten von uns verloren allerdings ihren Eintritts-Einsatz von 30€. Naja, lustig war´s trotzdem. Und eine Flasche Champagner wurde noch vor dem Zu-Bett-Gehen einverleibt, sozusagen das Vorfeiern unseres Erfolgs beim Wettbewerb.
Am nächsten Tag: Frühes Treffen beim hiesigen Bäcker. Danach Zusammenwarten auf alle vor dem Casino, schon schön eingestimmt mit unserem neuen Lieblingslied „Guten Morgen, oh yeah“.
Danach zum Aufwärmen und Einsingen. So früh zu singen stellt eine große Herausforderung dar. Der Körper ist müde, die Augen sind müde und die Stimme ist natürlich auch müde. Deswegen war es umso wichtiger, dass wir uns körperlich betätigen und auch die Stimme sanft auf das Singen vorbereiten.
Wir waren die ersten Teilnehmer*innen, die sich am Samstag der Jury stellen mussten. Daher auch einige Unklarheiten, was Auftritt, Abtritt usw. betraf. An diesem sehr sonnigen Samstag-Morgen waren dann auch mehr Menschen im Publikum, als wir uns erwartet hätten.
Zwischen den Stücken wurde nicht geklatscht, obwohl darüber nicht nur bei uns im Chor, sondern auch im Publikum keine absolute Sicherheit herrschte. Bei den anderen Chören sollte sich das im Laufe des Tages übrigens noch ändern.
Den restlichen Tag verbrachten wir schlendernd, Eis essend, chillend in Baden bei schönstem, nun ja ich sag’s, Kaiserwetter. Auch das Beethoven-Museum fand bei einigen großen Anklang.
Im Laufe des Nachmittags erfuhren wir, dass es d’accord wien leider nicht in die nächste Runde geschafft hatte. Sehr groß war die Enttäuschung darüber nicht, da wir einigen anderen Chören beim Wettbewerb gelauscht hatten und sich schnell herausstellte, dass einige davon nicht so laienhaft klangen, sondern im Gegenteil sehr professionell. Das Niveau war also insgesamt sehr, sehr hoch.
Am Abend durften alle Chöre in der Kirche St. Stephan nochmal ihr Können ohne Wettbewerbs-Druck zeigen. Auch hier waren wir die ersten, die auftraten. Etwas gedrängt zwischen den ersten Bänken und dem Altar gaben wir die byzantinische Hymne von Kassia, den Panda Chant II, Come in and stay a while und Tell me, where is fancy bred zum Besten. Danach lauschten wir den anderen Chören von der Empore aus.
An diesem Abend gab es dann aber trotzdem so etwas wie einen Wettbewerb, und zwar das Publikums-Voting. Die Veranstaltung sollte auf Facebook gestreamt werden, zum Schluss konnte das Publikum für den Lieblingschor abstimmen. Wie uns unsere lieben Daheimgebliebenen, die uns sehen und für uns abstimmen wollten, mitteilten, funktionierte der Livestream leider nicht bis zum dritten Chor. Das heißt, diesen Wettbewerb konnten wir leider auch nicht für uns entscheiden. Am Sonntag, dem letzten Wettbewerbstag, entschied sich die Jury dann für die Ukraine als Gewinnerland des Gesamt-Wettbewerbs. Sehr verdient, wie wir alle fanden. Zum Abschluss sang dieser Chor bei einem sehr emotionalen Auftritt die ukrainische Nationalhymne, was uns alle sehr berührte.
Insgesamt können wir mit unserer Leistung zufrieden sein, denn wir ersangen 90 von 100 Punkten, belegten zwar leider trotzdem den letzten Platz, aber verließen Baden erhobenen Hauptes und erhobener Stimme.